Dieses Werk ist eine Übersetzung aus dem Englischen.

Richard Stallman: Ein Interview für OUGH!

Transkript eines Interviews mit Richard Stallman, geführt von Theodoros Papatheodorou[*]. Ough! Magazin (2012).


Richard Stallman, Freie-Software-Aktivist und Softwareentwickler, unterhält einen legendären Status in der EDV-Gemeinschaft. Er geht auf all unsere Fragen in einem Interview von epischen Ausmaßen ein, das er dem OUGH! Magazin in zwei Teilen gab.

TEIL 1

Während seiner Zeit als Systemhacker am AI Lab des MIT (d. h. ein Mitglied des Teams, dass das eigene Betriebssystem des Labors entwickelte) erfuhr er die tiefgreifende Veränderung, die die Softwareindustrie einholte. Bis zu diesem Zeitpunkt war die übliche Praxis frei zu teilen, zu modifizieren und die Betriebssystemsoftware für derzeitige Maschinen wiederzuverwenden. In den 1970ern hörte die Softwareindustrie auf, den Quellcode dieser Programme zu vertreiben, was es Rechnernutzern unmöglich machte, diesen zu untersuchen und zu modifizieren. Außerdem machten neue Urheberrechtsgesetze solches Handeln rechtswidrig.

Der unmoralische Wandel traf und beeinflusste ihn persönlich, als die Hackergemeinschaft, in der er aufblühte, sich auflöste, als zwei konkurrierende Firmen die meisten Talente des Labors anheuerten, um unfreie Produkte zu entwickeln. Stallman ging gegen diesen Trend und entschied sich dafür, sein Leben der Entwicklung freier Software zu widmen, bei der der Nutzer das Recht hat, das Programm auf irgendeine für notwendig gehaltene Weise zu benutzen, den Quellcode zu untersuchen, zu modifizieren und die modifizierte Version sogar an andere weiterzugeben. 1984 verließ er das MIT AI Lab und begann mit der Entwicklung von GNU, dem ersten freien Betriebssystem, das heute, mit der Ergänzung einer von einem jungen finnischen Studenten, Linus Torvalds, entwickelten Software, GNU/Linux bildet.

Heute wird es auf den meisten Servern im Internet, akademischen Einrichtungen, Großunternehmen, dem Militär und auf Desktops von Millionen Menschen auf der ganzen Welt ausgeführt, die Softwarelizenzen, die Windows und Mac OS mit sich bringen, zurückgewiesen haben. Sie wollen ein System betreiben, das mit Stallman angefangen und von Tausenden anderen über das Internet weiterentwickelt wurde. GNU/Linux ist proprietärer Software aus technischer Sicht weit überlegen und gratis verfügbar, doch Stallman betont, dass dies willkommene, aber sekundäre Eigenschaften sind. Freiheit ist der Schlüssel. Wir beginnen das Gespräch zunächst, um über elektronische Rechte zu sprechen.

Sie haben gesagt, ‚im Zeitalter des Internets haben wir weniger Rechte als in der materiellen Welt‘.

Ja. In den USA können Internetdienstanbieter beispielsweise Ihre Verbindung trennen, ohne ein Gericht anzurufen, sie müssen nicht beweisen, dass es einen Grund gibt. Und infolgedessen können sie Sie zensieren. Wenn Sie Zettel drucken und auf der Straße verteilen möchten, können Sie das tun, müssen nicht irgendein Unternehmen um Erlaubnis bitten ‚Bitte arbeiten Sie mit mir zusammen.‘, damit Sie das tun können. Doch um das im Internet zu machen, brauchen Sie die Kooperation eines Internetdienstanbieters und eines Domain-Registrars und vielleicht einen Hosting-Dienst, und wenn ihnen nicht gefällt was Sie machen oder ihnen jemand droht, der viel Macht hat und nicht mag, was Sie tun, dann können sie einfach Ihren Dienst beenden und Sie zensieren.

Menschen sollten einen Rechtsanspruch auf fortwährenden Dienst in jedem dieser Bereiche haben, solange sie ihren Teil der Abmachung erfüllen. Ich glaube in den USA ist es der Fall, dass die Telefongesellschaft Ihre Telefonleitung nicht willkürlich abschalten kann, solange Sie weiterhin Ihre Rechnung bezahlen usw., dann müssen sie ihren Telefondienst weiter anbieten, es ist nicht ihre Entscheidung. Das gleiche sollte mit der Internetanbindung sein. Es sollte nicht deren Entscheidung sein, es sollte ihnen nicht erlaubt werden, eigene Bedingungen für die Weiterführung des Dienstes festzulegen.

Sie sollten den Dienst als öffentliche Versorgung anbieten?

Genau.

Diese Abhängigkeit von einem Unternehmen erstreckt sich auch auf Finanztransaktionen.

Das ist der andere Aspekt, in dem die digitale Welt uns weniger Rechte gibt als die materielle Welt. Angenommen neben dem Aushändigen von Zetteln auf der Straße würden Sie Leute bitten, Geld für Ihre Sache zu geben. Sie können Ihnen Bargeld geben und Sie können das Bargeld akzeptieren und benötigen nicht die Zusammenarbeit irgendeines Unternehmens, um dies zu machen. Sobald Sie das Bargeld erhalten haben, ist es ein gültiges Zahlungsmittel und können es ausgeben. Doch um das in der digitalen Welt zu machen, brauchen Sie die Dienste eines Bezahlunternehmens, und diese Unternehmen könnten Sie ebenso willkürlich trennen.

Das passierte mit WikiLeaks. Nachdem es Informationen bekannt gab, die die US-Regierung (unter anderem) in Verlegenheit brachten, stellten MasterCard und Visa die Annahme von Spenden für die Seite ein.

Genau. WikiLeaks zeigte all diese Schwachstellen auf, weil die US-Regierung entschied, sie zum Schweigen zu bringen, und alles unternahm, um das zu tun. Es hat sehr viel Schaden verursacht, obwohl man immer noch Zugang zu den WikiLeaks-Seiten bekommt, wenn man den richtigen Domainnamen verwendet. Sie haben es geschafft, die meisten Spenden an WikiLeaks zu kappen, und jetzt hat es Schwierigkeiten in Betrieb zu bleiben.

Die Organisation erhielt viel negative Aufmerksamkeit in den USA. Wie sehen Sie das?

WikiLeaks macht etwas Heroisches. Ein Großteil der Presse in den USA ist der Regierung unterwürfig, das gilt für viele Länder. Oder Sie könnten besser sagen, dass sie dem Geschäft gegenüber unterwürfig ist, aber die US-Regierung arbeitet für das Geschäft, also will das Geschäft Gutes darüber sagen. Ich denke, dass wir Gesetze brauchen, die Bezahlunternehmen davon abhalten, den Dienst von jemandem abzuschalten, es sei denn, sie beweisen, dass sie einen Grund haben.

Technologie hat neue Formen der Kontrolle hervorgebracht, doch das resultierte auch in neuen Formen des Protests, der Selbstorganisation und des Widerspruchs. Anonymous sticht als Beispiel für Hacktivisten hervor.

Anonymous macht viele verschiedene Sachen. Meistens geht Anonymous mit vielen Leuten an die Tür eines Unternehmens-Webauftritts; sie sind eine Menge und können so jemanden den Weg versperren. Das ist mit dem Protestieren vor dem Gebäude eines Unternehmens in der materiellen Welt vergleichbar. Und das erkennen wir als demokratische, politische Aktivität. Also sind die Webproteste von Anonymous auch demokratische, politische Aktivität. Natürlich wollen die Mächte der Unterdrückung dies eher als Verbrechen denn als Protest definieren, und sie nutzen den technologischen Wandel effektiv als Gelegenheit, Proteste zu kriminalisieren.

Eine andere Sache, die, so glaube ich, Anonymous-Mitglieder gemacht haben, ist das Ändern von Texten in Webseiten, um die Organisation, deren Webauftritt das ist, zu kritisieren. Das ist das virtuelle Äquivalent eines kritischen Slogans auf einem Plakat, was ganz normale demokratische politische Aktivität ist, doch man nennt es Angriff auf die Webseite. Das Wort Angriff soll den Eindruck vermitteln, dass dies etwas anderes als ein politischer Protest ist und Menschen für das Protestieren ins Gefängnis bringt.

Unter Hackern bedeutet der Begriff Hacker etwas ganz anderes als das, was die breite Öffentlichkeit darunter versteht. Könnten Sie diesen Unterschied erklären?

Zu Beginn, vor 40 Jahren, als ich mich der Hackergemeinschaft am MIT anschloß, war ich stolz darauf mich selbst einen Hacker zu nennen. Ich wurde am MIT eingestellt, um ein Systemhacker zu sein, also das System besser zu machen. Zu dieser Zeit benutzten wir ein Betriebssystem namens ITS, das Incompatible Timesharing System, das von einem Team von Hackern am Labor für künstliche Intelligenz entwickelt worden war; und dann stellten sie mich ein, um ein Teil des Teams zu sein. Meine Aufgabe war das System besser zu machen. Hacken hatte eine allgemeinere Bedeutung, was im Grunde spielerisch klug zu sein und an die Grenzen dessen zu stoßen, was möglich war, bedeutete.

Hacken muss nicht einmal Rechner einschließen.

Hacken war nicht auf die Verbesserung des Betriebssystems beschränkt. Man konnte sämtliche Medien hacken, es musste keine Rechner einschließen. Hacken, als allgemeiner Begriff, ist eine Lebenseinstellung. Was macht Ihnen Spaß? Wenn das Finden von spielerischen schlauen Möglichkeiten, die für unmöglich gehalten wurden, Ihnen Spaß macht, dann sind Sie ein Hacker. Eine Sache, die unmöglich sein sollte, war die Sicherheit auf Rechnern zu durchbrechen. So kamen einige Personen, die eher geneigt waren Hacker zu sein, in dieses Medium des Sicherheiteinbrechens hinein. Dann fanden Journalisten um 1981 etwas über Hacker, missverstanden sie und dachten, Hacken sei die Sicherheit zu brechen. Das ist nicht immer zutreffend: zuallererst gibt es viele Möglichkeiten zu hacken, die nichts mit Sicherheit zu tun haben, und zweitens, Sicherheit zu brechen ist nicht unbedingt hacken. Es ist nur dann Hacken, wenn Sie dabei spielerisch klug sind.

Softwarepatente

Abgesehen von elektronischen Rechten sind Sie auch ein Aktivist gegen Softwarepatente. Unternehmen wie Amazon, Google und Apple, um nur einige zu nennen, befinden sich derzeit in hitzigen Patentkriegen.

Patente sind für Softwareentwickler wie Landminen. Es überrascht mich nicht, dass einem Produkt wie dem Android vorgeworfen wird, eine ungeheure Anzahl von Patenten zu verletzen, weil es ein kompliziertes Softwaresystem ist. Jedes derartig komplizierte Softwaresystem wird Tausende von Ideen beinhalten, und wenn 10 % dieser Ideen patentiert sind, bedeutet das, dass Hunderte dieser Ideen patentiert sind. Also wird wahrscheinlich jedes große Programm gegen Hunderte von Patenten in Konflikt geraten, und ein System, das eine Kombination vieler Programme ist, wird wahrscheinlich mit Tausenden von Patenten oder mehr in Konflikt geraten.

Nach derzeitiger Gesetzeslage haben diese Patente vom Moment ihrer Einreichung ein Ablaufdatum von 20 Jahren.

Das ist eine sehr lange Zeit im Softwarebereich. Bedenken Sie, dass jedes Mal, wenn sich der technologische Kontext ändert, wir dann unser Handeln, viele Dinge zu machen, anpassen müssen, um zum neuen Kontext zu passen. Das bedeutet, alle werden neue Ideen brauchen, und wenn diese neuen Ideen patentiert werden, ist es eine noch weitere Katastrophe.

Was ist das Besondere an Software, dass Sie denken, sie sollte auf das Patentsystem nicht anwendbar sein?

Software ist nicht die gebräuchlichste Art von Fall für Patente. Betrachten wir den gebräuchlichsten Fall: Patente für etwas, das in der Fabrik hergestellt wird. Diese Patente betreffen nur die Unternehmen, die die Fabriken haben und die Produkte herstellen. Wenn sie alle mit dem Patentsystem leben können, hat der Rest von uns keinen Grund zur Sorge. Aber mit Software ist das Problem, dass sie viel komplizierter ist als alles andere. Der Grund ist, dass Software von Natur aus einfacher zu entwerfen ist als materielle Produkte.

Software ist einfach nur Mathematik, wohingegen physische Produkte die Widernatürlichkeit von Materie zu bewältigen haben. Und viele unerwartete Dinge werden passieren. Wir haben Modelle, die versuchen vorherzusagen, was mit physikalischen Systemen passieren wird, aber ihre Richtigkeit ist nicht garantiert.

Mit Software verwendet man mathematische Konstrukte und diese machen, wozu sie definiert sind, und wenn nicht, geht man zum Compilerentwickler und sagt: ‚Es gibt einen Programmfehler in Ihrem Compiler. Beheben Sie Ihn, damit dieses Konstrukt macht was es machen soll.‘

Man kann das nicht in der materiellen Welt machen, aber man kann das mit dem Compilerentwickler machen. Aus diesem Grund ist es einfacher Software zu entwerfen, Menschen aber reizen jede Fähigkeit bis an ihre Grenzen aus. Also gibt man ihnen eine einfachere Art des Entwurfs und sie machen größere Systeme.

Deshalb können einige Leute in einigen Jahren etwas entwerfen, das eine Millionen Elemente im Entwurf hat. Das wäre ein Megaprojekt, wenn es mit physikalischer Materie gemacht werden müsste. Also macht man das System so kompliziert und es wird eine Menge Ideen beinhalten, und das bedeutet, dass es gegen eine Menge Patente verstoßen oder zumindest vorgeworfen wird.

Mit anderen Worten ist die Last des Patentsystems auf Software viel höher als auf irgendetwas anderem. Alle Softwareentwickler sind in Gefahr, und was Sie mit den Patentkriegen sehen, die im letzten Jahr oder so ausgebrochen sind, wird man verklagt werden, wenn man ein großes, kompliziertes Softwarepaket entwickelt.

Wie unterscheidet sich das, sagen wir, von einem Patent für ein Medikament?

Patente auf Medikamente sind ein weiterer Sonderfall. Denn wenn man arme Länder zwingt, auf Arzneimitteln Patente zu haben, so wie es auch die Welthandelsorganisation [WTO] macht, macht das Medizin so teuer, dass es sich die Menschen nicht leisten können und sterben.

Die Personen, die die WTO gründeten sowie deren Führungskräfte sollten nach Den Haag geschickt werden, um sie wegen Massenmordes anzuklagen. Wir sollten uns organisieren, um zu verlangen, dass unsere Regierungen ihre Unterstützung für die WTO einstellen; es gibt tausende Gründe dafür. Zweck dieser Organisation ist dem Geschäft mehr Macht zu geben, Demokratie zu einer Farce zu machen.

Alle sogenannten „Freihandelsabkommen“ zielen tatsächlich darauf ab, die Demokratie zu schwächen und politische Macht dem Geschäft zu übertragen. Deswegen müssen wir solche Abkommen im Namen der Demokratie abschaffen. Es gibt gute Argumente, dass internationaler Handel beide Länder wohlhabender machen kann, und wenn diese Länder demokratisch genug sind, den Reichtum für alle in beiden Ländern zu verbreiten, dann sind sie wirklich besser dran. Allerdings sind die sogenannten „Freihandelsabkommen“ so konzipiert, um die Länder weniger demokratisch zu machen und sicherzustellen, dass sich der Wohlstand nicht verbreiten wird.

Das bedeutet, dass sie annulieren, welchen Nutzen sie auch immer produzieren könnten, selbst wenn das Bruttosozialprodukt beider Länder zunimmt. Welches Wohl ist das, wenn die Zuwächse alle an die Reichen gehen, was das ist, was sie in den Vereinigten Staaten mindestens seit 1980 getan haben.

Diese Patentkriege haben Unternehmen ein Arsenal von Softwarepatenten aufkaufen sehen, nur um sich vor einem Rechtsstreit zu schützen …

Das dürfte der Fall sein, es könnte aber sein, dass Google weniger Patente hat, weil es nicht so lange existiert. Dies kann ein Fall sein, wo sie nicht alle in der gleichen Position und nicht alle voneinander abhängig sind, und wenn dem so ist, wäre das schade, denn immerhin ist Android das einzige mit größtenteils freier Software noch in Betrieb befindliche Smartphone-Betriebssystem, und das gibt uns zumindest einen Ansatzpunkt zu versuchen, Telefone ohne proprietäre Software auszuführen.

Wenn Android gefährlich wird und von Patenten zermalmt, dann könnten wir nie mehr imstande sein, Smartphones mit freier Software ausführen.

Google ist dabei Motorola, denen es finanziell nicht gut geht, zu kaufen, nur um den Zugang zu ihren Patenten zu bekommen.

Das zeigt, wie das Patentsystem ein Hindernis für den Fortschritt wird. Wenn genügend Patente auf ein Produkt anwendbar sind, wird es schwierig, mit dem Patentsystem überhaupt zurecht zu kommen. Ich hoffe, dass sie (Google) damit Erfolg haben werden, denn dadurch schützen sie auch gewissermaßen die Freie-Software-Gemeinschaft.

Glauben Sie an die komplette Abschaffung von Softwarepatenten?

Richtig, Patente sollten nicht auf Software anwendbar sein. Beachten Sie, dass man Patente nicht immer entweder als Softwarepatente oder Nicht-Softwarepatente klassifizieren kann. Manchmal bezieht sich dasselbe Patent sowohl auf Programme als auch auf Schaltkreise. Ich empfehle das Gesetz zu ändern, zu sagen: ‚per Definition, wenn es ein Programm ist, verletzt es keine Patente.‘

P2P-Dateiaustausch und die Musik-/Filmindustrie

Sie haben sich oft gegen die Verwendung des Wortes Piraterie ausgesprochen.

Es ist ein verunglimpfenderer Begriff! Sie wollen sagen, dass die gemeinsame Nutzung das moralische Äquivalent für den Angriff auf Schiffe ist. Ich stimme mit dieser Position nicht überein, also nenne ich die gemeinsame Nutzung nicht Piraterie. Ich nenne es Teilen.

Ich bin nicht generell gegen Gewinn. Ich bin gegen die Misshandlung von Menschen. Die Art des Geschäfts kann oder kann nicht die Misshandlung von Menschen bedeuten.

Das Beispiel des erfolglosen Künstlers ist ein lächerliches Beispiel, weil das bestehende System sehr wenig für erfolglose Künstler macht. Es ist lausig. Und wenn wir nur die gemeinsame Nutzung legalisieren, macht das für erfolglose Künstler keinen Unterschied. Es könnte ihnen sogar helfen.

Ich denke Künstler sollten Musik mit Lizenzen veröffentlichen, die Teilen explizit erlauben, und einige von ihnen machen das. Der Punkt ist, dass dieses Argument gegen die gemeinsame Nutzung fingiert ist.

Diese gigantischen multinationalen Unternehmen wollen mehr Geld für sich selbst, und sie verwenden die Künstler als Ausrede. Wenig rieselt bis zu den Künstlern hinunter, und dann gibt es einige wenige Stars, die sehr gut behandelt werden. Aber wir müssen sie nicht reicher machen.

Sollten Menschen das Recht haben, Musik nichtkommerziell zu teilen und weiterzugeben?

Musik und jedes veröffentlichte Werk. Weil Teilen gut ist, Teilen Gemeinschaft aufbaut, also muss Teilen legal sein, jetzt, wo die gemeinsame Nutzung machbar und einfach ist.

Vor fünfzig Jahren war das Kopieren und nichtkommerzielle Herausbringen so schwierig, dass es nicht darauf ankam, ob es legal war oder nicht. Doch jetzt, wo es so einfach ist, kann man die Menschen nur noch durch böse, drakonische Maßnahmen davon abhalten, und auch die funktionieren nicht immer.

Aber ich vermute, wenn sie böse genug sind dürften sie daran arbeiten, aber warum sollten wir solche Bösartigkeit dulden?

Die Musik- und Filmindustrie agitierte sehr hart für PIPA, SOPA und ACTA.

Sie wollen ungerechte Gesetze überall auf der Welt, und in einigen Ländern ist es ihnen gelungen. Ich habe gelesen, dass Irland ein Gesetz verabschiedet hat, das SOPA der Beschreibung nach ähnlich ist, aber ich kenne noch keine Details.

Diese Gesetze sind eine Ungerechtigkeit. Sie sollen die Menschen mehr den Medienunternehmen unterwerfen, sind also selbstverständlich falsch, selbstverständlich hasst man sie. Die einzige Frage ist: ist noch genügend Demokratie in irgendeinem Land übrig, um sie stoppen zu können?

Europäische Bürger sollten handeln und sich mit anderen organisieren, damit Ihr Land ACTA nicht ratifiziert und das Europäische Parlament überzeugen, dagegen zu votieren. Bewahrt die Welt vor dieser Ungerechtigkeit!

Kürzlich handelten Regierungsbehörden, um einige Webauftritte wie Megaupload zu schließen.

Ich weiß nicht, ob Megaupload es letztendlich verdient hätte geschlossen zu werden. Denken Sie daran, dass Megaupload ein Geschäft ist, kein Beispiel für gemeinsame Nutzung. Teilen bedeutet nichtkommerzielles Weiterverbreitung exakter Kopien. Also habe ich keine Schlussfolgerung über Megaupload im besonderen.

Ich denke die Art und Weise wie es geschlossen wurde, bevor ein Gericht entscheiden konnte ob es legal ist oder nicht, war etwas Unerhörtes. Aber es hat inzwischen einen Prozess gegen ‑ ich denke es heißt ‑ Hotfile gegeben, und die Kläger behaupten, dass ‚dies schlecht sein muss, weil es ähnlich wie Megaupload ist, was wir geschlossen haben‘. Was ein Schwindel ist, da kein Gericht entschieden hat, ob Megaupload legal war. Also führen sie diese voreilige Schließung als Beweis dafür an, dass es schlecht ist.

Ich weiß nicht, vielleicht ist es schlecht. Das ist nicht das Problem, mit dem ich mich sehr beschäftige. Ich beschäftige mich mehr mit Peer-to-Peer-Austausch, weil das eindeutig gut ist.

Über Privatsphäre

Was ist mit Diensten wie Facebook und Gmail?

Es gibt viele Fragen der Freiheit im Leben, und die Kontrolle über die eigene Datenverarbeitung zu haben ist mein Beitrag ‑ so hoffe ich ‑ zum Gedanken, was Menschenrechte sind. Es gibt viele andere Menschenrechte, die Menschen verdienen, und viele von ihnen, die in anderen Bereichen des Lebens gelten, lassen sich in die virtuelle Welt übertragen.

Was sind also beispielsweise die schlechten Dinge über Facebook? Nun, es gibt den Leuten einen falschen Eindruck der Vertraulichkeit. Es lässt Sie glauben, dass Sie etwas bestimmen können, um nur von Ihren Freunden gesehen zu werden, nicht ahnend, dass es tatsächlich von Ihren Facebook-Freunden ‑ und nicht Ihren tatsächlichen Freunden ‑ gesehen wird. Und jeder von ihnen könnte es veröffentlichen, so dass es von jedermann gesehen werden könnte; es könnte in der Zeitung veröffentlicht werden. Facebook kann das nicht verhindern.

Was sie machen können ist die Nutzer jedesmal zu warnen, wenn sie eine Sitzung starten: ‚Vorsicht! Alles, was du hier postest ‑ selbst wenn du angibst, dass es nur bestimmte Personen sehen sollen ‑ könnte aufgrund von Ereignissen außerhalb deiner Kontrolle veröffentlicht werden. Also denke zweimal über alles was du hier posten willst nach. Und denke daran, dass, wenn du dich das nächste Mal um einen Arbeitsplatz bewirbst, das Unternehmen verlangen könnte, alles in deinem Benutzerkonto anzuzeigen. Deine Schule könnte das ebenso fordern. Und wenn deine Mitteilung wirklich privat sein soll, sende sie nicht auf diese Weise.‘ Das ist eine Sache, die sie machen sollten.

Facebook ist ein Überwachungsapparat und sammelt gewaltige Mengen persönlicher Daten und ihr Geschäftsmodell ist, diese Daten zu missbrauchen. Also sollte man Facebook überhaupt nicht benutzen.

Und schlimmer noch: Facebook überwacht sogar Menschen, die kein Facebook-Benutzerkonto haben. Wenn Sie eine Like-Schaltfläche auf einer Webseite sehen, dann weiß Facebook, dass Ihr Rechner diese Webseite besuchte. Und es ist nicht das einzige Unternehmen, das dies macht; ich glaube, dass Twitter und Google+ das machen, es ist also eine Praxis, die imitiert wird. Und es ist falsch, egal wer es macht.

Eine andere Sache, die Facebook macht, ist, dass es die Bilder von Menschen in kommerzieller Werbung nutzt und ihnen keine Möglichkeit gibt, dies zu verweigern.

Die Berühmtheit von Google, Eric Schmidt, sagte vor ein paar Jahren, dass ‚wenn es etwas gibt, von dem Sie nicht wollen, dass es irgendjemand erfährt, sollten Sie es vielleicht ohnehin nicht tun‘.

Das ist lächerlich. Was für Dinge würden Sie nicht irgendjemanden wissen lassen?

Vielleicht planen Sie einen Protest. Es ist heutzutage verbreitet, dass Regierungen Dissidenten als Terroristen abstempeln und elektronische Überwachung an ihnen ausübt, um ihre Proteste zu sabotieren, um Demokratie effektiv zu sabotieren.

Diese sozialen Medien behaupten auch, dass sie eine sehr starke, subversive Rolle in den Nahost-Aufständen gehabt haben.

Vielleicht stimmt das, aber bedenken Sie, dass diese nicht in Ländern des Nahen Ostens ansässig sind, also haben sie kein starkes Motiv, sich mit diesen Regierungen auseinander zu setzen.

Wenn, sagen wir, die US-Regierung Meinungsverschiedenheiten zunichtemachen möchte, werden diese Unternehmen wahrscheinlich freiwillig helfen. Falls nicht, werden sie sowieso gezwungen werden.

Sie sind auch dafür bekannt, kein Mobiltelefon zu benutzen, um Ihre Privatsphäre zu schützen.

Natürlich. Jedes Mobiltelefon ist ein Verfolgungs- und Überwachungsgerät. Sie könnten Ihr Telefon davon abhalten, Ihren GPS-Standort zu übermitteln, wenn Sie ein Telefon haben, das von freier Software gesteuert wird, obwohl dies sehr wenige sind. Dennoch kann das System ziemlich genau bestimmen, wo sich das Telefon, auch ohne eine aktive Mitwirkung vom Telefon, befindet.

Die US-Regierung sagt, dass sie in der Lage sein sollte, all diese Information sogar ohne Rechtfertigung zu sammeln. Das ist nicht einmal eine gerichtliche Anordnung. Das zeigt also, wie sehr die US-Regierung die Menschenrechte respektiert.

Einige benutzen TOR und andere Software, um ihre Identität online zu verbergen.

TOR ist eine sehr gute Sache. Es hilft, Menschen vor dem Großen Bruder zu schützen. Und mit Großen Bruder meine ich vielleicht die Regierung Irans oder Syriens oder den Vereinigten Staaten oder jedes andere Land, das Menschenrechte nicht anerkennt.

TEIL 2

Der zweite Teil des Interviews handelt über Freie Software und ihre Funktionen.

Im zweiten Teil des Interviews begannen wir über Freie Software zu sprechen und baten um eine Definition.

Freie Software bedeutet Software, die die Freiheit des Nutzers und die Gemeinschaft des Nutzers respektiert. Bei Software gibt es nur zwei Möglichkeiten; entweder der Nutzer kontrolliert das Programm oder das Programm die Nutzer.

Der erste Fall ist Freie Software, weil, damit die Nutzer eine wirksame Kontrolle der Programme haben, wir bestimmte Freiheiten benötigen. Diese Freiheiten sind die Kriterien für Freie Software.

Wenn die Nutzer nicht das Programm kontrollieren, dann kontrolliert das Programm die Nutzer und der Entwickler das Programm. Das bedeutet, dass das Programm ein Instrument ungerechter Macht ist.

Freie Software ist also Software, die die Freiheit des Nutzers respektiert, und die Idee der Freie-Software-Bewegung ist: unfreie Software ist eine Ungerechtigkeit, lassen Sie uns damit Schluss machen. Lassen Sie uns zunächst entkommen, und dann lassen Sie uns helfen, jeden anderen zu entkommen. Lassen Sie uns mit dieser Ungerechtigkeit Schluss machen.

Und mit Frei meinen Sie natürlich nicht einfach nur gratis, Sie meinen viel mehr als das.

Ich meine Frei wie in Freiheit.

Sie erwähnten, dass es gewisse Freiheiten gibt, die eine Software respektieren sollte, um frei genannt zu werden. Welche Freiheiten sind das?
Freiheit Null
Die Freiheit, das Programm auszuführen wie Sie möchten.
Freiheit Eins
Die Freiheit, den Quellcode zu untersuchen und zu ändern, um das Programm auf diese Weise Ihren Bedürfnissen anzupassen.
Freiheit Zwei
Die Freiheit, anderen zu helfen, was bedeutet, exakte Kopien weiterzuverbreiten, wenn Sie möchten.
Freiheit Drei
Die Freiheit, zu Ihrer Gemeinschaft beizutragen ‑ die Freiheit, Kopien Ihrer modifizierten Versionen zu vertreiben, wenn Sie möchten (vorausgesetzt, dass Sie die Version modifizierten, denn nicht jeder macht das).
Und um das zu unterstützen, gründeten Sie eine Stiftung, die Free Software Foundation.

Nun, bedenken Sie, dass das Ziel nicht nur theoretisch ist. Ich wollte es möglich machen, einen Rechner in Freiheit zu nutzen. Das ist unmöglich, wenn Sie verpflichtet sind, unfreie Software zu verwenden, und als ich 1983 begann, war das der einzige Weg, einen Rechner zum Laufen zu bringen. Er musste ein Betriebssystem haben, und alle Betriebssysteme waren proprietär, also mussten man unfreie Software haben (proprietär bedeutet unfrei; sie sind gleichbedeutend).

Um Freiheit also zu einer echten Option werden zu lassen, war es notwendig ein freies Betriebssystem zu entwickeln. Ich wollte es zu einer realen Möglichkeit machen, einen Rechner zu nutzen und dabei Freiheit zu haben, und das bedeutete die Einführung eines Projektes zur Softwareentwicklung, um die ganze Software, die man haben muss, zu entwickeln, und das ist ein Betriebssytem namens GNU. Deshalb musste dort tatsächliche Arbeit geleistet werden. Ich wollte das einfache Angeben eines philosophischen Standpunkts im abstrakten übertreffen und zur praktischen Arbeit übergehen, Freiheit zu einer realen Möglichkeit zu machen.

Und warum meinen Sie, dass es ein inhärentes Recht der Menschen ist, Zugang zum Quellcode eines Programms zu haben?

Warum sollten Menschen frei sein? Es gibt Menschen, die nicht an Freiheit glauben, und man kann mit ihnen nicht logisch diskutieren. Es gibt einen fundamentalen Unterschied in den Werten. Sobald Sie erkennen, dass die Kontrolle über Ihre Software der einzige Weg ist um in Freiheit zu leben und Rechner zu nutzen, müssen Sie, wenn Sie Freiheit wollen, auf Freie Software bestehen.

Aber warum ist Software anders als andere Produkte? Wenn ein Anbieter einen Stuhl verkauft, erwartet er … [Stallman unterbricht]

Software ist diesen Dingen nicht ähnlich. Software macht komplizierte Dinge und Stühle nicht. Es gibt keine Möglichkeit einen Stuhl zu entwerfen, um Dinge für Sie zu machen und zu kontrollieren, was Sie machen. Normalerweise sitzen Sie auf einem Stuhl und kontrollieren wie Sie sitzen. Der Stuhl ist möglicherweise mehr oder weniger bequem, aber er wird Sie nicht in ein anderes Gebäude bewegen oder auf die Straße schleudern oder allerlei anderer überraschender Dinge machen, die Sie nicht erwarten würden. Es ist nicht wahrscheinlich eine Nadel darin verborgen zu haben, die irgendeine Art von Medikament in Sie injizieren würde.

Andererseits macht Software weitaus kompliziertere Dinge als das, und proprietäre Software hat gewöhnlich böswillige mit dieser Nadel vergleichbare Eigenschaften. Man hat Spionageeigenschaften in Windows gefunden. Es gibt auch wieder Hintertüren, die denjenigen ‑ die wissen wie sie zu kontrollieren sind ‑ ermöglichen, Dinge mit dem Benutzer zu machen.

Mit anderen Worten kann Microsoft absolut alles mit den Nutzern von Windows machen: es hat die vollständige Kontrolle über ihre Rechner, es kann irgendetwas von ihnen nehmen, es kann sie überhaupt irgendwie sabotieren. Wenn Sie unfreie Programme nutzen, sind Sie seinem Entwickler schutzlos ausgeliefert und die Entwickler sagen grundsätzlich: ‚Sie sollten uns einfach vertrauen, denn ein großes Unternehmen wie dieses würde Ihnen selbstverständlich niemals schaden.‘

Abgesehen von der Software versuchen sich Unternehmen heutzutage einzumischen, was Nutzer tatsächlich in ihren Geräten speichern können. Eines ihrer Werkzeuge zur Kontrolle des Nutzers ist die Verwendung proprietärer elektronischer Buchformate.

Dies sind Angriffe auf die traditionellen Freiheiten der Leser. Das Beispiel, das ich verwenden würde, ist der Amazon Swindle (ein Wortspiel mit Amazons elektronischem Lesegerät, dem Kindle), denn darüber kenne ich die meisten Fakten. Ich nenne es den Swindle, denn es ist so eingerichtet, dass es Leser der traditionellen Freiheiten der Buchleser beschwindelt.

Beispielsweise gibt es die Freiheit ein Buch sein Eigen zu nennen, wo Amazon sagt, die Nutzer können es nicht. Sie können nur eine Lizenz erhalten, um das Buch unter Amazons Wahl der Bedingungen zu lesen. Dann gibt es die Freiheit, das Buch anonym zu erwerben, was für die meisten wohlbekannten Bücher mit dem Swindle grundsätzlich unmöglich ist.

Sie sind nur von Amazon erhältlich, und Amazon verlangt von Nutzern sich zu identifizieren wie es keine Möglichkeit erlaubt, anonym mit Bargeld zu zahlen, wie man ein gedrucktes Buch kaufen könnte. Infolgedessen unterhält Amazon eine Datenbank aller Bücher, die jeder Benutzer jemals gelesen hat. Diese Datenbank ist eine Bedrohung der Menschenrechte. Dann gibt es die Freiheit, jemand anderem das Buch zu geben, vielleicht nach dem Lesen, die Freiheit, das Buch an Personen zu verleihen, wenn Sie es möchten, und die Freiheit, das Buch an ein Geschäft für gebrauchte Bücher zu verkaufen.

Amazon eliminiert diese Freiheiten teilweise mittels digitaler Handschellen (böswillige Eigenschaften in der Software, entworfen, um Nutzer zu beschränken, damit sie diese Dinge nicht machen können) und teilweise durch gesagtes, dass Nutzer ein Buch nicht ihr Eigen nennen können, weil Amazon einen Vertrag unterzeichnen lässt, der besagt, dass sie das Buch nicht verschenken, verleihen oder verkaufen werden. Und dann gibt es die Freiheit, das Buch zu behalten, solange Sie möchten.

Es gab eine Orwellsche Wendung in der Geschichte …

Ja, weil sie Tausende von Kopien von 1984 löschten. Das war im Jahr 2009. Diese Kopien waren autorisierte Kopien bis zu dem Tag, an dem Amazon entschied sie zu löschen. Danach gab es eine Menge Kritik, und so versprach Amazon es würde das nie wieder tun, sofern nicht durch den Staat veranlasst. Ich finde das nicht so beruhigend.

Jedes einzelne macht den Swindle zu einem unerhörten Angriff auf unsere Freiheit und etwas, das wir uns weigern müssen zu verwenden. Ich kenne nicht alle Details über die Mitbewerber, aber allesamt teilen zumindest einige dieser inakzeptablen Eigenschaften. Abgesehen von einigen, bei denen man nur Bücher in einem dokumentierten, nicht geheimen Format installieren kann.

Einige davon könnte man vielleicht irgendwo gegen Bargeld kaufen, wenn der Autor Kopien verkauft. Das Problem ist jedoch, für digitale Bücher im Allgemeinen, es gibt keine Möglichkeit, sie gegen Bargeld oder anonym zu kaufen, aufgrund der Tatsache, dass es kein anonymes Bezahlsystem im Internet gibt.

Bitcoin kann dafür genutzt werden, aber Bitcoin ist ein wenig spekulativ, weil sein Wert schwankt. Ich glaube nicht, dass es an dem Punkt angekommen ist, ein angenehm einfaches, anonymes, digitales Bezahlsystem zu sein.

Und es ist nicht grundsätzlich anonym. Man kann eine Bitcoin-Bezahlung anonym tätigen, aber nur mit einigen zusätzlichen Problemen. Ich erinnere mich nicht an die Einzelheiten, aber sie waren kompliziert genug, dass ich nicht glaube, dass ich es tun würde. Ich würde nur nicht nachlassen, Dinge nicht online zu kaufen.

Es gibt noch einen weiteren Aspekt zur Verwendung unfreier Software: man ist ebenso ein schlechter Mitmensch.

Wenn Sie gebeten werden zu versprechen, nicht mit anderen Menschen zu teilen, was bedeutet das? Sie werden gebeten, Ihre Gemeinschaft zu verraten. Nun, was ist Ihre Gemeinschaft? Es sind die Menschen, die Sie kennen, die Menschen, mit denen Sie normalerweise zusammenarbeiten. Diese Softwarelizenzen laden Sie dazu ein, die Menschen zu verraten, mit denen Sie normalerweise zusammenarbeiten.

Leute verwenden die Begriffe Frei & Open Source ohne irgendwelche Unterschiede zu machen, aber sie sind verschiedene Dinge.

Der Begriff Open Source wurde 1998 von Menschen in der Freie-Software-Gemeinschaft geprägt. Erinnern Sie sich, dass ich die Freie-Software-Bewegung im Jahr 1983 gestartet habe. Bis 1998 hatten wir bereits einen beträchtlichen Betrag erreicht, es gab viele Menschen, die Freie Software schrieben und viele, die sie nutzten.

Doch nicht alle stimmten mit der Philosophie der Freie-Software-Bewegung überein. Viele von ihnen, obwohl sie Freie Software gerne nutzten und entwickelten, betrachteten unsere Philosophie als zu radikal und schockierend. Sie prägten einen anderen Begriff, damit sie jeden Bezug auf unserer Philosophie vermeiden konnten und das Thema als eine Frage der Gerechtigkeit gegen Ungerechtigkeit darzustellen.

Das ist also der Zweck des Begriffs Open Source. Es ist über mehr oder weniger die gleiche Softwarekategorie zu sprechen, ohne es jedoch als ein ethisches Thema darzustellen. Sie sagen nicht, dass, wenn ein Programm nicht Open Source ist, es dann eine Ungerechtigkeit ist und man versuchen muss, davon zu entkommen.

Sie haben in der Vergangenheit gesagt, dass ‚die Agenda der Freie-Software-Bewegung ist untergraben worden und sogar beinahe verloren gegangen‘. Beziehen Sie sich auf Fälle wie Android (das Betriebssystem für Mobiltelefone)?

Android ist nur ein Beispiel der allgemeinen Tendenz bei den meisten Menschen in einer Gemeinschaft, nicht im Sinne von Freiheit und Gerechtigkeit zu denken. Open Source ist auch ein großer Teil davon.

Und sehen Sie sich dann diese mehr als 1000 verschiedenen Distributionen des GNU/Linux-Betriebssystems an: ungefähr zehn von ihnen sind völlig freie Software, deren Entwickler sie aus Prinzip als freie Software bewahren, und die anderen Tausend-oder-so beinhalten unfreie Software oder führen den Nutzer in Richtung unfreie Software, was unfreier Software im Handumdrehen Legitimität gewährt und die Philosophie der Freie-Software-Bewegung direkt zurückweist.

Und diese sprechen eine sehr laute Stimme. Die meisten, die in die Gemeinschaft kommen, fassen ihre Gedanken aufgrund dieser Distributionen in Worte und anderer Personen, die damit zufrieden sind, und im Grunde betrachtet lediglich eine Minderheit der Freie-Software-Gemeinschaft unfreie Software als eine Ungerechtigkeit, welche wir nicht tolerieren sollten. Und diese Ansichten pflanzen sich natürlich fort.

Genau genommen ist Android freie Software, aber es ist noch unvollständig: um tatsächlich ein Telefon auszuführen, benötigt man andere Software, die nicht frei ist. Jedes Android-Telefon braucht sogar unfreie Software.

Darüber hinaus sind viele davon Tyrannenprodukte, die Benutzern nicht erlauben, das System zu ersetzen. So kann die enthaltene Software möglicherweise aus freien Quellcode hergestellt worden sein, aber wenn der Benutzer die Software nicht ersetzen kann, dann sind diese ausführbaren Programme nicht frei.

Trotz Ihrer technischen Leistungen, wenn es um Programmierung geht, war einer Ihrer größten Hacks der Beginn der GNU GPL, einer bahnbrechenden Lizenz, die viele andere beeinflusste.

Nun, es ist besser zu sagen, dass die meisten anderen freien Softwarelizenzen als Reaktion gegen die Ideen der GNU GPL geschrieben wurden.

Sie sehen, die GNU GPL ist eine Lizenz mit Copyleft. Jede freie Softwarelizenz muss, um eine zu sein, Ihnen die vier Freiheiten gewähren. Die einzige Möglichkeit, diese Freiheiten zu erhalten, ist, wenn das Werk unter einer Lizenz freigegeben wird, die sie Ihnen gewährt.

Das heutige Urheberrechtsgesetz ist zu restriktiv gemacht worden, alles unterliegt standardmäßig dem Urheberrecht. Deshalb ist die einzige Möglichkeit, wie ein Programm frei sein kann, dass die Rechteinhaber eine formale Erklärung aufsetzen, die die vier Freiheiten gewährt. Diese formelle Erklärung ist das, was wir eine freie Softwarelizenz nennen.

Es gibt viele Möglichkeiten, das zu tun. Copyleft besagt, dass es eine auf Freiheiten zwei und drei geknüpfte Bedingung gibt (erinnern Sie sich, dies waren die Freiheiten, exakte Kopien sowie Kopien Ihrer modifizierten Versionen zu vertreiben). Die Copyleft-Bedingung besagt, dass, wenn Sie sie vertreiben, dieselben Freiheiten für die nächste Person respektieren müssen.

Also müssen Personen, die Kopien von Ihnen bekommen, ob sie modifiziert sind oder nicht, dieselben vier Freiheiten erhalten. Wenn Sie etwas von diesem Quellcode in ein anderes Programm mit anderem Quellcode einfügen und damit Änderungen vorgenommen haben, besagen die Bedingungen, dass das komplette Programm den Menschen die vier Freiheiten gewähren muss, so dass Sie den Quellcode nicht wirksam in Proprietäres mit der Entschuldigung umwandeln können, einige Änderungen darin gemacht zu haben. Wenn Sie irgendetwas von diesem Quellcode in Ihrem Programm verwenden möchten, müssen Sie Ihr ganzes Programm frei machen.

Ich tat das, weil ich erkannte, dass es eine Wahl gab: entweder wäre man in der Lage, meinen Quellcode in unfreie Software umzuwandeln und ihn zu verwenden, um andere zu unterjochen, indem sie vielleicht Änderungen darin vornahmen, oder ich würde sie davon abhalten, das zu tun.

Ich erkannte dann, wenn ich sie nicht hindern würde, dann würde mein Quellcode in unfreie Software konvertiert werden, Nutzer würden meinen Quellcode bekommen, aber sie würden keine Freiheit erhalten, und das wäre selbstzerstörerisch, es würde den ganzen Zweck vereiteln, den Quellcode zu Schreiben, der ein System schaffen sollte, das sie in Freiheit nutzen könnten.

Also erfand ich eine Möglichkeit, dem vorzubeugen, und diese Möglichkeit ist Copyleft.

Und wie werden diese Ideen des Copyleft in der heutigen Welt der Webdienste und der sogenannten Datenwolke umgesetzt?

Diese Fragen beziehen sich auf ein Programm, das ein Werk ist, von dem man eine Kopie haben kann; aber ein Dienst ist nicht etwas, wovon Sie eine Kopie bekommen, so dass diese Fragen nicht dafür gelten.

Andererseits, wenn Sie Ihre eigene Datenverarbeitung durchführen, müssen Sie keinen beliebigen Webdienst dafür verwenden, denn wenn Sie das tun, verlieren Sie die Kontrolle über diese Datenverarbeitung. Für den Fall, dass Sie Ihre Datenverarbeitung auf einem fremden Server geschieht, kontrolliert dieser es und nicht Sie.

Deshalb trifft die allgemeine Problemstellung, dass Nutzer die Kontrolle über ihre Datenverarbeitung haben sollten, auch auf Webdienste zu, aber auf eine andere Art und Weise.

Trotz der praktischen Vorteile gibt es noch keine Massenmigration auf Freie Software in der Öffentlichen Hand.

Entwickler proprietärer Software haben eine Menge Geld. Sie verwenden dieses Geld, um Regierungen zu kaufen. Es gibt zwei Möglichkeiten, wie sie Geld verwenden, um Regierungen zu beeinflussen.

Eine Möglichkeit ist die Bestechung bestimmter Beamter. Das ist typischerweise in vielen Ländern illegal, aber sie können es irgendwie.

Die andere Möglichkeit ist den Staat selbst zu bestechen oder einige andere Gerichtsbarkeiten, und das ist nicht illegal, aber ist gleichermaßen korrupt.

Trotz der katastrophalen finanziellen Lage gibt es in Griechenland keine nationale Politik bezüglich der Nutzung freier Software in der Öffentlichen Hand.

Ich möchte mich nicht zu einseitig auf die Agenden konzentrieren, möglicherweise Geld zu sparen, weil das ein sekundärer Grund ist. Der wahre Grund, warum die Griechen und jede andere Regierung darauf bestehen sollten Freie Software zu benutzen, ist die Kontrolle über ihre eigene Datenverarbeitung zu haben, mit anderen Worten, ihre Informations- und Datenverarbeitungssouveränität haben. Und das ist es wert, Geld dafür auszugeben.

Reden wir ein wenig über die Rolle, die Freie Software in der Bildung haben sollte. Es hat in letzter Zeit viele Debatten gegeben.

Schulen müssen ausschließlich Freie Software lehren, weil Schulen einen sozialen Auftrag haben: gute Bürger für eine starke, kompetente, unabhängige, zusammenarbeitende und freie Gesellschaft zu erziehen. Im EDV-Bereich bedeutet das den Menschen zu lehren, qualifizierte Nutzer freier Software zu sein.

Das proprietäre Programm zu lehren impft Abhängigkeit ein. Warum denken Sie, händigen viele Softwareunternehmen gratis Kopien ihrer unfreien Programme an Schulen aus? Weil sie wollen, dass Schulen diese Abhängigkeit verbreiten. Das ist das Gegenteil vom sozialen Auftrag der Schulen, sie sollten es nicht tun.

Es ist wie Studenten suchterzeugende Medikamente zu geben. Die Unternehmen, die diese Medikamente herstellen, hätten es sehr gerne, wenn die Schulen das täten, aber es obliegt der Verantwortung der Schule abzulehnen, selbst wenn die Medikamente gratis sind. Doch es gibt auch eine tiefere Begründung: für gute Bildung und Staatsbürgerschaft.

Schulen sollen nicht nur Tatsachen und Fähigkeiten, sondern auch den Geist des guten Willens lehren. Eine Gewohnheit, anderen zu helfen. In jeder Klasse sollte diese Regel gelten: „Schülerinnen und Schüler, wenn Software zum Unterricht mitgebracht wird, darf sie nicht für sich behalten werden. Kopien müssen mit dem Rest der Klasse einschließlich des Quellcodes gemeinsam ausgetauscht werden, für den Fall, dass jemand mehr über die Software erfahren möchte. Was bedeutet, dass unfreie Software zum Unterricht mitzubringen nicht zulässig ist.“ Damit die Schule mit gutem Beispiel vorangeht, muss sie ihrer eigenen Regel folgen: sie sollte nur Freie Software einbringen und Kopien mit jedem in der Klasse teilen.

Es gibt auch einen anderen Grund, um der Bildung wegen, im besonderen die Ausbildung der besten Programmierer. Damit Programmierer von Natur aus gute Programmierer werden, müssen sie viel Quellcode lesen und viel Quellcode schreiben. Nur Freie Software bietet die Möglichkeit, den Quellcode umfangreicher Programme zu lesen, die Menschen wirklich nutzen. Dann muss man eine Menge Quellcode schreiben. Was bedeutet, dass man Quellcode in umfangreichen Programmen zu schreiben hat.

Sie müssen klein anfangen. Das bedeutet nicht kleine Programme zu schreiben, weil kleine Programme nicht einmal ansatzweise die Schwierigkeiten großer Programme darstellen. Und so können Sie klein anfangen, indem Sie kleine Änderungen in vorhandene umfangreiche Programme schreiben, und nur Freie Software gibt Ihnen die Möglichkeit, das zu tun.

Ethische und gute Bildung bedeutet also aus verschiedenen Gründen eine Bildungsarbeit mit freier Software zu machen ‑ und zwar nur freier Software. Es gibt viele, die sagen: ‚Geben wir den Kindern Windows und das GNU/Linux-System, damit sie beides erlernen können.‘ Das ist so als würde man sagen: ‚Geben wir den Kindern zu Mittag etwas Whisky oder Ouzo sowie Wasser, damit sie beides erfahren können.‘

Die Schule soll gute Gewohnheiten lehren, nicht Sucht, nicht Abhängigkeit. Microsoft weiß, dass, wenn man Rechner mit Windows und GNU/Linux ausliefert, die meisten Kinder in ihren Familien Windows in Gebrauch sehen, also werden sie zumeist Windows verwenden.

Wir müssen das ändern, das ist eine schlechte Angewohnheit der Gesellschaft, es ist Abhängigkeit. Eine Schule sollte dieser Abhängigkeit aktiv ein Ende setzen. Sie sollte die Gesellschaft auf einen Pfad zurückführen, auf dem Menschen Freiheit haben.

Aber erinnern Sie sich, das Problem, das wir korrigieren wollen, ist größer als Microsoft. Apple ist eigentlich gemeiner als Microsoft, und es scheint einen sehr enttäuschenden Erfolg im Bereich der mobilen Geräte mit dem iDings zu haben.

Und erinnern Sie sich, dass das iDings Pionierarbeit für eine tyrannische Praxis leistete, die Microsoft erst danach versuchte. Das ist Produkte genau wie Gefängnisse zu entwerfen, damit Benutzer nicht einmal selbst wählen können, was für welche Anwendungen ungehindert frei installierbar sind, sie können nur Programme installieren, die vom Diktator genehmigt wurden.

Und das furchtbare ist, dass das böse Genie Steve Jobs einen Weg fand, eine Menge Menschen dazu zu bringen, lauthals verlangend durch diese Produkte gefangen gehalten zu werden. Er schuf Gefängnisse und machte sie so glänzend, dass die Leute eingesperrt werden wollen.

Es ist schon eine enorme PR-Branche darauf bedacht ihn gut klingen zu lassen, und Apple hat hart daran gearbeitet, einen Nutzen aus seinem Tod zu ziehen. Natürlich funktionierte Apples Öffentlichkeitsarbeit auch als er noch am Leben war, und dort scheint es eine Menge Leute in Magazinen und Zeitungen zu geben, die die öffentliche Aufmerksamkeit von diesen Fragen der Freiheit ablenken wollen.

Wo wir gerade von Bildung sprechen, als Sie Teil des MIT AI-Labors waren, waren Sie Teil einer Gemeinschaft. Diese wurde letztendlich aufgelöst und Sie waren der Einzige, der gegen den Trend ging und nicht für ein großes Unternehmen arbeitete, das proprietäre Software entwickelte. Was gab Ihnen die Kraft zu kämpfen, allein, wie ein Guerilla in den Bergen?

Ich war bereits allein. Die Gemeinschaft, deren ich Teil gewesen bin, hatte sich bereits in einer eher feindseligen Art getrennt. Ich war also definitiv allein, was auch immer ich vorhatte.

Doch die andere Sache war, dass die innere Abscheu gegenüber der Idee, proprietäre Software zu benutzen und zu entwickeln, bedeutete, das sogar noch weitaus schlimmer war. Ich hatte keine Alternative, die zu einem Leben führen würde, dessen ich mich nicht schämen und angewidert sein würde.

Was waren Ihre wichtigsten Einflüsse in Ihrer Erziehung und würden Sie Bildung als Einfluss für Ihr Glaubenssystem zuschreiben?

Ich weiß nicht. Ich denke, die Ideen von freier Software wurden von der Gemeinschaft, die mich beim MIT umgab, formuliert, denn wir praktizierten freie Software, und sie taten das, bevor ich zu ihnen kam.

Was für mich anders war, war in Anbetracht dessen, dass die anderen gerne freie Software machten, sie aber bereit waren unfreie Software zu machen, als das irgendwie bequemer war oder andere Ziele befriedigte, wie die Software erfolgreich zu machen oder was auch immer.

Für mich war das die Sache, die es eher gut als schlecht machte, und es war unnütz, das wegzuwerfen. Aber ich habe Jahre gebraucht, um diese Ideen zu formulieren, so ungefähr 10 Jahre. Mitte der Siebziger, selbst Ende der Siebziger, war ich noch nicht zu der Schlussfolgerung gelangt, dass unfreie Software einfach ungerecht war.

Sie haben sich als einen Pessimisten beschrieben, deshalb werde ich Sie nicht bitten, in Ihre Kristallkugel zu sehen …

Ich würde sowieso nichts sehen. Die Zukunft hängt von Ihnen ab. Wenn ich Ihnen erzählen könnte, was passieren wird, dann wäre es vergeblich, wenn Sie versuchen, es zu ändern.

Also, bei welchen Softwareprojekten oder sozialen Bewegungen sind Sie gespannt, sie entstehen zu sehen?

Momentan gibt es kein existierendes Softwareprojekt, das mich begeistert, aber ich versuche jemanden davon zu überzeugen, an einer ganz bestimmten, ziemlich speziellen freien Software zu arbeiten, die die letzte Sache ist, die wir brauchen, um die Nutzung von ATI-Videobeschleunigern in der freien Welt zu ermöglichen.

Was soziale Bewegungen angeht, bin ich sehr von der Occupy-Bewegung begeistert, von der Opposition zu Sparmaßnahmen in Griechenland und Spanien und die Bewegungen gegen Steuerhinterziehung durch Unternehmen und grundsätzlich bin ich sehr begeistert mehr Menschen gegen die Dominanz der Gesellschaft durch die wenigen Reichen kämpfen zu sehen.